Systemtheorie – ist das wieder nur so ein moderner Management Quatsch? Wieder nur so ein Trend, der uns für eine gewisse Zeit lang erklären möchte, wie die Welt, oder in unserem Umfeld das Führen von Organisationen zu laufen hat?

Ich gebe zu, ich kam erst sehr spät mit der Systemtheorie in Berührung. In meinem klassischen Studium an der Universität Mannheim, war es den Dozenten der Betriebswirtschaftslehre gerade mal 2 Folien und wenige Worte wert, die Systemtheorie aufzunehmen und zu erläutern. Erst später, in meiner ersten beruflichen Tätigkeit kam ich damit in Berührung. Durch die St. Gallener Managementlehre und durch meine Ausbildung zum systemischen Business-Coach wurde ich mit dem Konzept vertraut. Bis heute profitiere ich, auch im persönlichen Bereich, von den Grundzügen systemtheoretischen Denkens.

Was also hat es damit auf sich und warum ist es auch einer der Grundlagen des Arbeitens von Management Solution Partner Berlin?

Das Thema ist groß und komplex. Aber wir wagen hier einen kleinen Ausschnitt mit einem Mehrwert für Ihre persönliche Reflexion zu diesem Thema.

  

Ein kleiner theoretischer Einstieg in die Systemtheorie

Tauchen wir ein bisschen ein in den theoretischen Ansatz der Systemtheorie, aber keine Angst: wenn man sich ein wenig drauf einlässt, ist es gar nicht so schwer.

Offensichtlich ist, es geht um Systeme. Der bekannteste Vertreter der Systemtheorie ist Niklas Luhmann (1927-1998), der im Bereich der Soziologie arbeitete und forschte. Dieser besann sich auf die Kybernetik von v. Foerster. Für ihn ist der Systemansatz eine Theorie, um Gesellschaft zu beschreiben, bzw. zu erklären, warum und wie in Teams gearbeitet werden kann.

Eine Organisation besteht aus vielen einzelnen Mitarbeitern. Jeder einzelne Mitarbeiter ist im Rahmen seiner Möglichkeiten in der Lage Leistung zu erbringen, etwas zu erschaffen. Aus diesen einzelnen Personen werden durch ihre organisationale Verbindung Verbündete. Durch ihre Verbindung, ihren Austausch, ihr Miteinander kann nun etwas Neues, etwas ganz Großes entstehen. Es kommt dadurch zu Eigenschaftserweiterungen. Der Verbund kann ganz andere, neue Dinge hervorbringen, als die Summe der Einzelteile. Dieses Phänomen nennt man Emergenz.

Ein anderes Beispiel gefällig? Eine einzelne Zelle ist schon ein Wunderwerk für sich. Zusammen mit weiteren Zellen, bilden sie Organe und diese Organe wiederum bilden im Verbund mit weiteren Organen den gesamten menschlichen Körper. Der menschliche Körper ist in der Lage Dinge zu tun, wie einen 100 m Lauf in kürzester Zeit zu absolvieren. Eine einzelne Zelle könnte das nicht. Der menschliche Körper wiederum ist angewiesen auf die Zellen und Organe.

Wir sehen also, dass hier durch den Verbund Komplexität entsteht. Die Folge ist weiterhin, dass es bei solchen Systemen zu unvorhersagbarem kommt (denken Sie mal an ein Fußballspiel). Etwas dynamisches entsteht und es gibt kaum lineare Ursachen-Wirkungsbeziehungen. (11 topfitte Männer, ein Ball, ein gegnerisches Tor und tausende euphorische Fans garantieren eben doch nicht automatisch einen Sieg). Die Frage ist nun aber, wie es gelingen kann, dass daraus etwas Gutes, etwas Produktives entsteht.

Dazu gibt es Regeln. Diese Regeln sind teils bewusst, teils auch unbewusst. Einzelne Glieder in dem System passen sich dann diesen Regeln an. Dies können sie ganz einfach beobachten, wenn ein neuer Mitarbeiter in das Unternehmen kommt. Er wird sehr schnell die ausgesprochenen Regeln, aber auch die unausgesprochenen Regeln beobachten und sich einfügen. Bleiben alle Mitarbeiter mindestens bis 18 Uhr im Büro, wird er es auch kaum wagen um 16.30 Uhr den Stift fallen zu lassen.

Eine wichtige Beobachtung ist, dass einzelne Teile austauschbar sind. Das gesamte System wird dadurch nicht gleich gestört. Auch das leuchtet schnell ein, wenn Sie an Ihre Organisation denken. Kündigt ein Mitarbeiter, besteht das Unternehmen weiter. Es fällt nicht gleich zusammen. Dafür kommt ein neuer Mitarbeiter hinzu.

Ein System entsteht bzw. besteht durch Interaktion der einzelnen Teile, auch Kommunikation genannt. Interessant ist dabei, dass jede Person in jedem System völlig unterschiedlich interagieren kann und dies auch tut. Ich selber interagiere mit meinen Töchtern natürlich anders, als ich dies in meinem Job tue. Und ich bin auf dem Sportplatz anders, als ich es in einem noblen Sterne-Restaurant bin. Völlig logisch, oder? Aber warum? Ich bin in unterschiedlichen Rollen aus einem gewissen Anpassungsdruckes des Systems. Würde ich mich im Restaurant verhalten wie auf dem Sportplatz, würde man mich nach kurzer Zeit darum bitten das Restaurant zu verlassen, da keine angemessene Kleidung, kein angemessenes Verhalten und meine umliegenden Restaurantbesucher würden sich massiv an mir stören.

Also nochmal: Die Systemtheorie ist eine Theorie, die die Wirkweise von offenen Systemen beschreibt und wie diese Systeme miteinander interagieren.

Luhmann ging von 3 fundamentalen Systemen aus:

  1. Das Bewusstseinssystem (die Psyche, die Gedanken)
  2. Soziale Systeme (Familie, Schulen, Organisationen)
  3. Biologische Systeme

Das spannende ist, dass man nun den Menschen eben nicht mehr nur als Menschen an sich wahrnehmen kann, sondern aus einer Zusammensetzung aus den oben genannten 3 Teilsystemen.

Und da sind wir auch schon bei der Relevanz für Organisationen und Unternehmen.

Systemtheorie für das Handeln als Führungskraft

Mit den oben grob erläuterten Grundannahmen der Systemtheorie kann nun nämlich recht einfach erläutert werden, warum es keine objektive Wahrheit gibt, warum man Kommunikation sehr schlecht steuern kann und auch wie Missverständnisse zustande kommen. Gruppendynamik entwickelt sich und wird erklärbar und auch das Thema Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung kann dadurch erläutert werden. Denn klar, jedes Systemmitglied, jeder ihrer Mitarbeiter besteht eben auch aus 3 Teilsystemen, die in jedem Moment anders ausgestaltet sind. Denken Sie an Ihr Meeting letzten Dienstag um 08.30 Uhr. Jeder Ihrer anwesenden Mitarbeiter hat andere Erfahrungen an diesem Morgen und auch grundsätzlich mit Meetings gemacht. Jeder hat unterschiedliche körperliche Voraussetzungen um diese Uhrzeit. Der eine ist erst seit 90 Minuten auf den Beinen, ein anderer schon seit 4 Stunden und hat dabei 3 tobende Kinder ausgehfertig gemacht.

Wir können also nicht sagen, was haben die 4 Teamkollegen, die gerade mit mir in dem Teammeeting sitzen schon erlebt, wie fühlen sie sich und was denken sie. Ich kann selbst nur das Wahrnehmen, was ich sehe. Und selbst meine eigene Wahrnehmung ist mit Vorsicht zu genießen. Auch ich nehme mit meinen Augen mit meinen Nervenzellen selektiv wahr. Und mein Gehirn verarbeitet die gesehen Infos auch ganz anders als es das Gehirn meines Sitznachbarn tut. Das, was ich also wahrnehme und wie ich das ganze gedanklich einordne, ist also lediglich eine Interpretation. Hier sind wir in den Grundzügen des Konstruktivismus. Luhmann hat die Systemtheorie um weitere Erklärungsmodelle und Theorien ergänzt: der Chaosforschung, Komplexitätsforschung, Neurobiologie, Physik und wie eben schon beschrieben, der Erkenntnistheorie, dem Konstruktivismus.

Um sich dessen bewusst zu werden, sollten Sie sich als Führungskraft immer wieder dazu reflektieren. Folgender Bogen hilft Ihnen dabei. Reflexionsbogen

Wenn der Blick etwas grösser sein soll: Systemtheorie für Organisationen und Unternehmen

Niklas Luhmann sagte, dass auf der organisationalen Ebene die elementaren Einheiten nicht etwa Dinge oder gar Personen seien, sondern Operationen, sprich die Kommunikation. Durch diese wird die Realität stetig kreiert und aufrechterhalten. Es entstehen Muster und Strukturen. Diese sollten somit auch der zentrale Blickpunkt sein, wenn man sich in eine systemische Analyse der Organisation hineinbegibt.

Als Führung ist es demnach die zentrale Aufgabe die Kommunikation zu organisieren.  Es geht darum die Aufmerksamkeit absichtsvoll zu lenken. An dieser Stelle ist es absolut sinnhaft einen externen Spezialisten hinzuzuziehen. Für uns als Berater bedeutet dies ein hohes Maß an Sensibilität was der tatsächliche Bedarf von Ihnen ist: Benötigen Sie Input, im Sinne von Infos geben, einer Beratung. Dies bedeutet häufig eine bewusste Reflektion, den Blick nach hinten, eine Aufarbeitung, erkennen von Mustern, die aufgelöst und verbessert werden sollen. Oder benötigt das Unternehmen Interventionen, die eigenverantwortliches, zukunftsorientiertes Befähigen Ihrerseits ermöglichen? Aber auch Sie können sich vorneweg bereits Gedanken machen, was genau Ihr Bedarf ist, damit eine Auftragsklärung von vornherein klar und offen gestaltet werden kann.

Wir von Management Solution Partner stehen Ihnen in jedem Fall für Ihre Anfrage jederzeit zur Verfügung und sind Ihnen auf Ihrem Weg zur systemisch geführten Organisation gerne behilflich.

Schreiben Sie uns gerne über das Kontaktformular Ihre Anfrage oder rufen Sie uns auch an. Wir freuen uns auf das Gespräch mit Ihnen!

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