Einleitung
Dazu wurden durch Interviews die zurzeit herrschenden Unsicherheiten der Manager abgefragt. Weiterhin fragten wir nach unguten Entwicklungen, die die Führungskräfte bereits wahrnehmen oder auch zukünftig erwarten.
In einem folgenden Artikel ist zudem zu lesen, inwieweit die benannten Unsicherheiten und Entwicklungen in der Strategie des Unternehmens aufgegriffen werden.
Viele aktuelle Themen und Herausforderungen sind in den Firmen sehr präsent und entwickeln sich mitunter auch zu großen Unsicherheiten, weshalb einige Themen, die bereits bei der ersten Interviewfrage (Blogartikel: Was sind die aktuellen Herausforderungen von Führungskräften? MSP hat nachgefragt.) skizziert wurden hier weiter aufgegriffen und vertieft werden.
Eine der größten Unsicherheiten sind Einflüsse von außen, die man eben nicht selbst kontrollieren kann, weshalb es immer ein Arbeiten unter Unsicherheit ist. Zudem wird seit der Liberalisierung durch die Politik und Gesetzgebung immer mehr am Markt reguliert.
Durch die Regulierung des Gesetzgebers müssen die Unternehmen auf Anreize und Verbote reagieren, wodurch Geschäftsfelder wegfallen, allerdings auch wieder neue entstehen. Aufgrund der gesetzlichen Anforderungen drängen sich zudem Aufgaben auf.
Neue Projekte sind im Zuge der Digitalisierung wichtig, bspw. wenn Systeme veraltet oder nicht gut genug miteinander verbunden sind.
Ganz aktuell ist auch die Pandemie „ein Stück weit eine Unsicherheit“. So können Firmen den MA „nicht garantieren, dass sie durchgängig arbeiten werden oder evtl. Kurzarbeit mit dabei“ sein wird. Auf der anderen Seite muss die Belegschaft „dann plötzlich wieder Überstunden machen, obwohl sie letzte Woche vielleicht gar nicht gearbeitet hat“. Es fehlt somit eine durchgängige Balance und jeder Arbeitstag muss mehrfach neu geplant werden, da es zu kurzfristigen Buchungs- und Auftragslagen kommt.
In diesem Zusammenhang sind die Lieferketten und der sehr volatile und überhaupt nicht einschätzbare Materialfluss weitere große Unsicherheiten. Hier gibt es große Spekulationen am Markt, was ein internationales, weltmarktpolitisches Thema darstellt und die Firmen zwingt anders zu disponieren. So ist das momentan größte Problem der Automobilbranche die fehlenden Rohstoffe und die Lieferfähigkeit der Halbleiter.
Einige befragte Interviewpartner berichten, dass die Kommunikation zwischen den Teams nicht optimal oder ausreichend ist. Aufgrund der veränderten Arbeitsumgebung wird beobachtet, dass bestehende Teamstrukturen erst mal zerfallen und wieder, angepasst an die neuen Arbeitsumgebungen, aufgebaut werden müssen.
Eine Führungskraft hat ihr Team innerhalb der letzten sechs Monate verdoppelt. Die Mitarbeiter waren es gewohnt unglaublich viel Arbeit und wenig Ressourcen zu haben. Nun gibt es mehr Leute im Team sowie Prozesse, um die Effizienz des Einsatzes dieser Leute zu verbessern und es entsteht eine Unsicherheit, wenn sie mit ihrer Arbeit fertig sind, da sie dies nicht gewöhnt sind.
Der Personalleiter eines anderen Unternehmens berichtet von einem 40% Wachstum der Gesamtbelegschaft innerhalb von 1,5 Jahren (dies entspricht einem Plus von 250-300 Mitarbeitern), welches „vom Auftragsvolumen her perspektivisch noch weiter aufgebaut“ werden könnte, allerdings auch dazu führt, dass die Qualität aufgrund der mangelnden Vorlaufzeit leidet.
Gegensätzlich zum eben beschriebenen Personalaufbau der oben zitierten Firmen besteht bei einem anderen Unternehmen eine strukturelle Unsicherheit, da im Moment unklar ist, ob die Firma verkauft oder aufgespalten wird. Damit einher gehen Umstrukturierungen und Mitarbeiterversetzungen ohne deren Zustimmung. So versucht sich jeder zu orientieren, obwohl es keinen Halt gibt. Die Teams „können kein halbes Jahr im Voraus planen, weder von den Themen her, noch hinsichtlich der Teamkonstellation oder wie sich das Unternehmen im nächsten halben Jahr entwickeln wird“. Dies ist ein sehr unzufriedener Zustand und führt zu Unsicherheit auf allen Ebenen.
Anmerkung
An dieser Stelle wird deutlich, dass es darum geht als Führungskraft bestehende Systeme aktiv zu gestalten. Was das genau bedeutet und um was es bei dieser spannenden Aufgabe genau geht, das klären wir beispielsweise in unserem Workshop für Führungskräfte.
Hinsichtlich der Personalführung bemerkt eine Personalleiterin, dass „wir merken, dass es viele Mitarbeiter gibt, die gerade jetzt in dieser sehr unsicheren Situation viel mehr engere Führung brauchen.“
„Wirklich gute Leute, die gibt es nicht so häufig. Die zu finden und die letztendlich auch bei Laune zu halten ist in der Tat eine Unsicherheit.“, beschreibt ein anderer Interviewpartner.
Zusammenfassung „Größte Unsicherheiten“
Sorgenvolle Entwicklungen
Wenige Aspekte der großen Unsicherheiten finden sich auch im Abschnitt der sorgenvollen Entwicklungen wider. Allerdings kamen bei dieser Interviewfrage weitere, neue Aspekte hinzu, die im Folgenden zu Lesen sind.
Als sorgenvoll wird „die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung der freiheitlichen, demokratischen Grundordnung“ sowie der „welt- und wirtschaftspolitischen Lage“ beschrieben. Zudem gibt es eine „Angst um den (Firmen-)Standort Deutschland“. Durch die Inflation sinkt die Kaufkraft rapide. Das macht die Leute unzufriedener und führt zu einer immer größer werdenden Spaltung der Bevölkerung, „was man als Unternehmen natürlich aushalten und kompensieren muss“. Gesellschaftlich wird dies mit einer schwindenden Mittelschicht begleitet, wirtschaftlich wird der Mittelstand kleiner und es entsteht parallel eine Verlagerung bzw. Zentralisierung hin zu den großen Konzernen.
Ein weiteres gesellschaftliches Thema ist der wachsende Burn-Out der arbeitenden Bevölkerung. „Das fängt bei den Jugendlichen in den Schulen an. Das geht über die Azubis heute, das geht über Studieren und das Studium weiter. Und das ist ein Trend, der nicht aufzuhalten ist. Aber die Frage ist, wie man dem begegnen kann.“
Die Jugendlichen wollen alle mittlerweile 24 Stunden, rund um die Uhr erreichbar sein und überhaupt keine Auszeit mehr haben. In der Arbeitswelt hat sich seit Corona und der Sensibilisierung hinsichtlich dieses Themas als Schlagwort virtueller Burn-Out oder Zoom-Fartigue herausgebildet. Und es stellt sich die Frage, „wie lange die Menschen so weitermachen können, vor allem wenn es eine Diskussion über das ´neue Normal´ gibt“. „Welche Auswirkungen wird diese Art von virtuellem Burn-Out langfristig haben, wenn sich die Belegschaft von einer Bürobelegschaft zu einer vollständig virtuellen Bürobelegschaft wandelt?“
Als weitere sorgenvolle Entwicklung wird „der Wunsch vieler Unternehmen, in die Cloud-Umgebung zu wechseln“ eingestuft. Damit einher geht der Kontrollverlust von Systemen und Informationen, verbunden mit der Abhängigkeit von Drittanbietern (bspw. bei der Infrastruktur, Sicherheit, Konfiguration). „Man muss abwägen, wie viel in diese allgegenwärtige Cloud geht und welche kritischen Systeme man lieber unter seiner direkten Kontrolle behalten möchte.“ Denn „auf lange Sicht wird es sehr schwierig, diese Systeme wieder zurückzunehmen, weil sie in Drittsysteme eingebettet werden“ und eigene Rechenzentren abgebaut werden, sodass zur Wiederherstellung keine eigenen Kapazitäten mehr vorhanden sind.
Grundsätzlich ist die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt besorgniserregend. Dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch unsere Interviewfragen und wurde in dieser Studie bereits an unterschiedlichen Stellen aufgegriffen. Mit dem Fachkräftemängel brechen zudem Qualifikationen und Wissen weg. Es wird immer schwieriger „die richtigen Leute mit der entsprechenden Motivation, dem entsprechenden Ehrgeiz zu finden, die sich aktiv bei Herausforderungen einbringen.“ Einerseits brechen Qualifikationen weg, andererseits stehen wir vor „noch nie dagewesenen Veränderungen von Arbeitsplätzen“, bei denen viele überflüssige Tätigkeiten wegfallen werden. Eine große Sorge gerade für Gewerkschaften, da man die zukünftigen Anforderungen, verbunden mit neuen Tätigkeiten an die Mitarbeiter nicht einschätzen kann.
Aufgrund des Fachkräftemangel sind die Arbeitgeber hinsichtlich Arbeitszeit, -ort, Flexibilität, etc. kompromissbereiter geworden und müssen den Arbeitnehmern mehr Zugeständnisse machen, um gut qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Eine Personalleiterin schildert allerdings, „dass die Führung harte Ansagen macht, wer nicht gehorcht, kann sich einen anderen Job suchen (…) Und das erschreckt mich. Das passt auch nicht wirklich in die Zeit (…) wenn einer meint, er hat eine Lösung für alles und kann die anderen ruhig stellen.“ Diese Führungshaltung nehme allerdings auch in anderen Unternehmen wieder zu und wird von ihr als sorgenvolle Entwicklung bewertet.
Zusammenfassung „Sorgenvolle Entwicklungen“
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