Einleitung
Mittlerweile sind nach der Corona-Pandemie einige Monate vergangen. Ein guter Zeitpunkt um zurück zu blicken welche kurzfristigen, wie auch langfristigen Folgen die Führungskräfte wahrnehmen.
Im Rahmen unserer jährlich durchgeführten Studienreihe von Management Solution Partner wollen wir mit Hilfe von Experteninterviews dieser Frage nachgehen.
Dazu fassen wir die Interviews hier für Sie zusammen und lassen in kurzen Zitaten die Führungskräfte selber zu Wort kommen. Wir werden diese Ergebnisse kurz aus unserer Sicht beurteilen und abschließend in einer Grafik zusammenfassen.
Pandemieauswirkungen auf die Arbeitsweise von Führungskräften-kurzfristig
Corona war offensichtlich ein Schockmoment für alle, in dem die meisten irritiert waren und der zum Stillstand führte. Das Wichtigste zu Beginn war „sich zu schütteln und einfach wieder in Bewegung zu kommen, damit man wieder miteinander kommuniziert, miteinander Wege findet zu sprechen und Führung zu finden- einfach wieder anzufangen.“
Positiv gesehen, lernt man mit den Unsicherheiten umzugehen und trotzdem gut schlafen zu können.
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die Mitarbeiter unter einer viel größeren Belastung gearbeitet haben, da sie sich hinsichtlich der Arbeitskultur in verschiedenen Arbeitsumgebungen zurechtfinden und orientieren mussten. Auch die Führungskräfte selbst waren einem gestiegenen Druck ausgesetzt und mancher wusste nicht, ob er (bspw. finanziell bedingt) seine Mitarbeiter halten kann, was eine große mentale Belastung darstellte.
Die Pandemie brachte nicht nur negatives mit sich, sondern auch einen Wegfall von Reisetätigkeiten, der zu einer Zeitersparnis führte, da wöchentliches Fliegen oder der Stau im Auto keine eliminierenden Faktoren mehr waren.
Die größte Herausforderung bestand in einer ziemlich eingeschränkten Kommunikation via Telefon oder Web (oft bei ausgeschalteter Kamera), sodass die Emotionalität und die Soft Facts auf der Strecke blieben.
Wenige Führungskräfte hatten schon vorher mit Videokonferenzen gearbeitet und somit war es für viele von ihnen Neuland.
Dennoch hat mancher Chef aus Sicht des Arbeitsstils nur geringe Auswirkungen gespürt, „da sich die Arbeit gut in eine Fernarbeit übertragen lässt.“
Beim Gros hat es gut funktioniert, allerdings ist mobile Arbeit nicht für jeden Mitarbeiter geeignet und es gibt Grenzen, etwa wenn papierlastig gearbeitet wird. Zu diesem Zeitpunkt verfügte auch nicht jeder Mitarbeiter über einen Laptop, mit dem die Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt werden konnten.
Im Homeoffice musste das Team digital zusammengehalten werden, was eine Kompetenzerweiterung hinsichtlich Remote Leadership notwendig machte. Gut, wer sich als Manager hier bereits Soft Skills aufgebaut hatte, die er nutzen konnte.
Hinzu kamen die virtuellen Formate zum Austausch, wo bspw. Mentimeter und Break out Sessions genutzt wurden. Das machte die digitale, informelle Kommunikation ganz schön schwierig und war eine technische Herausforderung dies auch zu moderieren und für den Informationsaustausch zu sorgen, sodass alle, die was wissen müssen, zum richtigen Zeitpunkt erreicht werden und an einem völlig anderen Ort kommuniziert wird.
Zusätzlich waren tägliche Abstimmungen, um sich gegenseitig an unterschiedlichen Standorten über die aktuellen Regelungen und damit verbundenen Handhabungen zu informieren, notwendig. Dies wurde mancher Abteilung zu viel und es wurden andere Formate und Lösungen gefunden.
„Sicherlich hat die Pandemie im Bereich Sozialisierung gesamtgesellschaftlich gesehen die größten Auswirkungen herbeigeführt. Die Mitarbeiter sind zu Hause, keiner geht mehr raus und es fehlt der soziale Aspekt der emotionalen Gesundheit, so dass der Mitarbeiter möglicherweise der Einsamkeit oder Isolation und all diesen Dingen ausgesetzt ist.“
Gerade in Büros, wo in engem Austausch gearbeitet und man sich mit seinen Kollegen zusammen verbunden fühlt fiel der Wechsel ins Homeoffice schwer.
„Selbst wenn man sie dort drüben nur tippen hört, weiß man, dass man Teil von etwas ist. Wenn ich [im Homeoffice] tippe, ist es still. Ich habe das Gefühl, dass dabei etwas verloren geht und ich weiß nicht, wie ich das beheben soll.“
Durch die virtuelle Kommunikation fällt jetzt alles weg und man beschränkt sich auf die sachliche, nüchterne Wortwahl in digitalen Onlinemeetings. Eine Führungskraft hat beobachtet, dass hierbei der Umgangston härter geworden ist und die Fronten nicht mehr so leicht aufgehen, als wenn alle zusammen an einem Tisch sitzen. Dies kann auf die mangelnde Reife der Konferenzsysteme zurückgeführt werden, bei denen nur einer reden kann, eine Diskussion allerdings häufig von einer „Undiszipliniertheit des Reinwerfens“ lebt. Die Lösungsbereitschaft ist nicht so hoch, als wenn man zusammensitzt. Möglicherweise liegt dies auch an der physischen Trennung der Gesprächspartner. Nach der Videokonferenz wird die Kamera ausgeschaltet und jeder arbeitet direkt an seinem Schreibtisch weiter. Verlassen alle zusammen den Meetingraum, so ist man im Nachgang noch zusammen. Hierbei ist es angenehmer geklärte Fronten und eine gemeinsame Lösung gefunden zu haben, sodass man sich ohne Differenzen auf dem Büroflur begegnen kann.
Eine Führungskraft hält Besprechungen ab, bei der es nicht in erster Linie um die Arbeit geht, sondern um das Handwerk drumherum, um die eigenen Fähigkeiten im Team wöchentlich weiter zu entwickeln. „Meine Mitarbeiter sind alle dezentral untergebracht, also müssen sie sich durch mich mit der größeren Organisation verbunden fühlen, und so finde ich Themen, die für uns relevant sind.“
Eine andere Möglichkeit des sozialen Kitts, ist die virtuelle Schaffung einer eigenen Kaffeeküche und sehr sensibel auf die einzelnen Gesichter im Bildschirm zu gucken: „Gibt es irgendwo jemanden, wo man merkt, der sitzt schon mehrere Tage nicht mehr glücklich hinter dem Rechner, dann sollte man da mal nachhaken.“
Als stressig beschrieb ein interviewter Manager die mangelnde Strukturierung seines Arbeitstages. Es sei alles viel chaotischer und die Aufgaben sind ohne klare Priorisierung, alles ist wichtig. Früher sei er zur Arbeit gegangen, dann kam er anschließend nach Hause. Die Arbeit hatte einen Anfang, Mitte und ein Ende. Diese klare Abgrenzung fehlt vielen Beschäftigten während dem Homeoffice.
Als Fazit lässt sich dennoch positiv festhalten:
„Allerdings haben wir jetzt gelernt, in der Pandemie, dass Arbeiten von zu Hause aus möglich ist ohne Probleme, kleine Einschränkungen klar. […] Dies hätte man vor zwei Jahren so in dieser Vehemenz wahrscheinlich so nie durchgebracht ohne diese Rahmenbedingungen. Das sehe ich so [..] als ein positiver Aspekt.“
Sowie die „Erkenntnis: Mit Videokonferenz geht das alles.“
Pandemieauswirkungen auf die Arbeitsweise von Führungskräften-langfristig
Grundsätzlich wurde uns allen schmerzhaft bewusst, dass im Leben nicht alles planbar ist. Und dass Dinge nicht immer in unserer Macht stehen. Langfristig ist es wichtig nicht wieder in eine solche Schockstarre zu verfallen, sondern tatsächlich einfach in Bewegung und in Verbindung zu bleiben, sich auszutauschen und mehr in Lösungen zu denken.
Aktuell geht es darum sich in eine andere Arbeitskultur hineinzufinden, in der man sich auch wieder verändern muss. Hierbei wird die Durchführung von Videokonferenzen weiterhin hoch sein, weil sie einfach effizienter als Offline-Treffen sind. Dies geht mit einer schnelleren Digitalisierung und einer Reduzierung von 50-80% der Reisetätigkeiten einher. Zudem wird die Zusammenarbeit in internationalen Unternehmen hybrid und ein Wechsel zwischen Büro und Homeoffice deutlich flexibler werden, wobei wichtige persönliche Gespräche immer noch persönlich geführt werden sollen – so der Konsens der befragten Vorgesetzten.
Dies macht die informelle Beziehungspflege unter den Führungskräften verschiedener Abteilungen schwieriger. Begegnete man sich früher zufällig auf dem Flur oder in der Kaffeeküche, „muss man nun einen Termin vereinbaren, man muss vor einer Kamera sitzen und man muss die richtige Agenda haben.“ Denn leider haben sich diese gelegentlichen Zusammenkünfte nicht mehr organisch ergeben. „Das ist also eine Herausforderung, die hartnäckig und allgegenwärtig ist.“
Ein Unternehmen führt seine Vorstellungsgespräche nun online. Obwohl durch eine Videokonferenz nicht eingeschätzt werden kann, wie ein Mensch im Raum wirkt und es fehlt immer noch der Handschlag zur Begrüßung, kommt man dennoch zu einer validen Auswahlentscheidung. Allerdings wurde ein Probearbeitstag für die Bewerber in der engeren Auswahl eingeführt, da man sich in solchen Gesprächen verstärkt auf die Zahlen und Fakten beruft und ein persönliches Kennenlernen den Bewerbungsprozess abrundet.
Hinzu kommt eine engere Taktung des Arbeitstages sowie der Wegfall der Erholungsphasen während man im Auto Musik, Radio oder Nachrichten hörte. Dieses Level ist auf Dauer nicht gesund.
Eine Führungskraft beschreibt den Outlookkalender früher als Arbeitsinstrument und Hilfsmittel, mittlerweile ist er Existenzgrundlage in den Unternehmen. „Er wird von früh acht bis 19 Uhr einfach durchgeplant, sobald keine Lücke oder Blocker drin hast, zack hat man sofort einen 30-60 Minuten Termin drin. Früher hatte ich vielleicht 3-5 fixe Termine am Tag gehabt, die im Outlookkalender standen und der Rest war frei verfügbare Zeit. Mittlerweile sind die Tage mit 10-12 Terminen durchgetaktet und da geht einer in den anderen über, was die Zeit der Nacharbeit von Terminen völlig eliminiert. Das macht das Arbeiten als Führungskraft auch relativ schwer und das Zeitmanagement hat noch einen viel höheren Stellenwert gekriegt als vorher und bricht eben oft ins Private rein. Oft habe ich Telefonate, die bis 20 Uhr gingen. Das merke ich nicht nur bei mir, sondern auch bei den Kollegen.“
Trotz all der Herausforderungen hat sich in den Firmen über die Zeit ein sehr gutes Vertrauensverhältnis aufgebaut, was eine sehr gute Zusammenarbeit ermöglicht.
Prognostizierte anhaltende Änderungen in der Arbeitsweise von Führungskräften
Das Hybridmodell, also ein Mix aus Homeoffice/mobiler Arbeit für mindestens zwei bis drei Tage und Büroanwesenheit, wird in vielen Firmen bereits als ´New Normal´ beibehalten. Ein Unternehmen ging sogar so weit dauerhaft ein neues Büro mit dem Namen „Work from Anywhere“ zu eröffnen. Hier müssen die Leute nur viermal im Jahr ins Büro kommen, sind an keinen lokalen Standort gebunden und werden gebeten, wenn es angebracht ist, sich persönlich mit ihrem Team zu treffen.
Allerdings werden für die hybride Zusammenarbeit auch mehr Regeln, die eine gewisse Einheitlichkeit gewährleisten und als Leitplanken für alle im Rahmen der Unternehmenskultur dienen, notwendig.
„Das sind auch gute Entwicklungen, mit denen muss man halt achtsam umgehen, aber auf jeden Fall wird das auch so bleiben.“
Innerhalb dieser können sich Abteilungen noch einmal spezifischerer Absprachen bedienen, ein komplettes Auseinanderfallen in einzelne Abteilungskulturen möchte man so verhindern.
Generell müssen sich Unternehmen zukünftig fragen, wie modern wird innerhalb der Firma kommuniziert, bzw. wie wird diese Kommunikation weiterentwickelt. Hierbei entstehen ganz neue Innovationsgedanken.
Konsens ist, dass es keinen Sinn macht für ein normales Meeting „3 Stunden irgendwo hinzufliegen“ bzw. „einen ganzen Tag unterwegs sein muss“, sondern dies nun online bzw. per Videokonferenz durchführen kann. Diese Zeiteinsparung wirkt sich positiv auf die Work-Life-Balance der Führungskräfte aus, die während Corona verstärkt gemerkt haben, wie wichtig die eigene Familie bzw. der Ausgleich zum Job ist.
Dem steht die Verflechtung von Berufs- und Privatleben gegenüber, was ebenfalls eine Begleiterscheinung von Corona ist. Dabei ist „man eigentlich immer verfügbar, eigentlich wie in der Unternehmensberatung früher. Das ist übergriffiger geworden. Es wirkt so, dass mehr erwartet wird.“
Der Trend geht zur weiteren Digitalisierung (bspw. von Prozessen) und nun ist es wichtig, dass jeder seine eigene Ordnung in der digitalen Welt findet. Dadurch werden wir immer mehr Softwareanwendungen bekommen und die Verweildauer der Programme wird immer kürzer. Zudem steigen die Anforderungen an die Mitarbeiter: gab es früher noch Schulungen, in denen die Anwendungen den Mitarbeitern nah gebracht wurden, werden diese heute lediglich installiert und es gibt eine Infomail. Der Mitarbeiter soll sich im Selbststudium mit der Software vertraut machen. Die Sachen werden immer komplizierter und umständlicher und vieles, was funktionieren müsste, eigentlich nicht funktioniert. Deshalb benötigen Firmen ganzheitliche Software-Konzepte, denn bei den vielen digitalen Anwendungen, sollte es eine gute Strategie geben.
Hinzu kommt das Betreiben eines gewissen Selbstschutzes, um dem Zoom-Fartigue vorzubeugen. Da man sich in Videokonferenzen oft die ganze Zeit selbst sieht, ist man in permanenter Eigenkorrektur (gerade Sitzhaltung, liegen die Haare, etc.), was für die Augen sehr anstrengend ist und zudem unheimlich viel Gehirnkapazität in Anspruch nimmt, weshalb diese Meetings so müde machen. Aus diesem Grund wird die Kamera in den Onlinemeetings bspw. bei Vorträgen bewusst ausgeschaltet bzw. auch entsprechend angekündigt: „Das ist jetzt gerade ein Vortrag, macht ruhig die Kamera aus.“ und den Beteiligten so eine notwendige Erholung, Privatsphäre und Ruhe verschafft.
Eine Führungskraft beschreibt sich nun als viel liberaler, offener und freier und es wird nach Möglichkeiten geschaut, nicht Gründe gefunden, was nicht geht. Hinzu kommt ein proaktiver Austausch mit den Mitarbeitern und der Fokus auf Mitarbeiterbindung, da die Leute wechselbereiter werden.
„Führung muss sich in Zukunft darauf beziehen, die Verbindung und die Beziehung zu den Mitarbeitern auch noch besser zu stärken.“
Prognostizierte kommende Änderungen in der Arbeitsweise von Führungskräften
Darüber hinaus wollten wir von den Führungskräften wissen, welche kommenden Änderungen sie in ihrer Arbeitsweise als Vorgesetzte sehen bzw. erwarten werden.
Hierbei gab es zwei grundsätzliche Bewegungen:
Die einen sind der Meinung, dass die Mischung aus Präsenz und online nicht mehr weggehen wird und es deshalb wichtig wird, beide Formate bewusst einzusetzen. Andere sehen eine gewisse natürliche Verschiebung zurück zu den bestehenden Mustern, da es für das Unternehmen und die Teams einen unersetzlichen Wert hat physisch zusammen zu sein und dass es dafür keinen Ersatz geben kann. Hierbei sei bedacht, dass der aktuelle Bürobestand sehr alt ist und kaum den modernen heutigen Anforderungen für Klimatisierung, Digitalisierung und modernen Kommunikationsflächen genügt, sodass wir zukünftig andere, bzw. modernisierte Bürogebäude benötigen werden.
Des Weiteren werden Unterschriften zunehmend digitalisiert. Und die Anforderungen der Mitarbeiter an ihre eigenen Vorgesetzten werden mit der Vielfältigkeit (bspw. hinsichtlich Generationen, Kultur, etc.) steigen.