Was hat Führungskräften in der Pandemie geholfen den „Kopf über Wasser zu halten“? Wir haben in unserer Führungskräftestudie von 2022 genau das bei den Managern erfragt.
Spannende Einblicke gewähren uns dabei die Befragten und erläutern, was sie rückblickend anders machen würden, wenn sie wieder in die Situation graten würden.
Was rückblickend am meisten geholfen hat, um mit den Herausforderungen der Pandemie zurecht zu kommen
Hier wurde den Führungskräften Raum gegeben, um die letzten Lockdowns und die Coronazeit kritisch zu reflektieren.
Auch hier (wie bereits in den anderen Zeitphasen zu Beginn & währenddessen) zog sich die digitalisierte (ganz andere) Arbeitsweise wie ein roter Faden durch. Eine Führungskraft beschrieb Corona als Katalysator, der den Druck bzw. die Notwendigkeit hierfür aufbaut: „Sonst hätte ich mir das gar nicht angewöhnt.“
„Wir haben eine Blaupause, eine Erfahrung, die uns nie mehr so zurückversetzt. Wir sind nicht mehr die Menschen, die wir vor einem Jahr waren.“
Eine Führungskraft ärgert sich rückblickend, dass sie die freie Zeit im ersten Lockdown viel zu wenig genutzt hat. Eine andere Interviewpartnerin fand, dass die Situation im eigenen Arbeitsumfeld eigentlich viel zu wenig thematisiert wurde und würde in Zukunft mehr mit ihren Mitarbeitern darüber sprechen, wie es ihnen persönlich damit geht, ohne zu persönlich zu werden.
Dagegen freut sich ein Personalleiter darüber, dass sein Unternehmen so vorausschauend und damit richtig gehandelt hat, indem die Homeofficeregelungen und die damit einhergehende Kontaktreduzierung über den Sommer beibehalten wurde.
Bereits früh wurden Teams getrennt und so Kontakte reduziert. Des Weiteren wurde die Belegschaft dazu aufgerufen sich privat nicht teamübergreifend zu treffen. Dies wurde mit Blick auf den kommenden Winter und der nächsten Pandemiewelle auch in den Sommermonaten Mai bis Juli so beibehalten, was dem Unternehmen eine Kurskorrektur und damit viel Hickhack erspart hat.
Ein Unternehmen hat durch Corona als Company sogar einen Produktivitätssprung von 20% gemacht und ist der Pandemie deshalb sehr dankbar.
Sicherlich hat das extrem gute Krisenmanagement der Firma dabei geholfen. Der Krisenstab hat in einer Geschwindigkeit die Kaninchenstarre überwunden und am ersten Abend gab es bereits mehre Abstimmungsrunden, sodass jeder wusste, was jetzt alles zu tun ist. Das war sehr beeindruckend. Es gab danach weiterhin regelmäßig Abstimmungen morgens um acht, abends um acht. Und alle waren gewähr bei Fuß. Dies hat einen großen Beitrag zur Mitarbeiterorientierung und -zufriedenheit beigetragen, der sich vermutlich auch in diesem Produktivitätssprung widerspiegelte.
Rückblickend anders machen
Bei dieser Frage wurde den Führungskräften erneut Raum für ihre kritische Reflektion gegeben. Wir wollten wissen, was sie rückblickend in einer solchen Situation zukünftig anders machen würden.
Die erste Korrektur ist, dass Corona zunächst als vorübergehendes Problem betrachtet wurde, für das es keine langfristige Lösung bedarf. Und deshalb wurden provisorische Lösungen über Monate, bzw. gar Jahre angewendet, statt Routineprozesse für diese Situation zu entwickeln.
Eine Führungskraft wusste beispielsweise nicht, dass es für das Thema Remote Work Schulungen gibt, sonst hätte sie sich hier garantiert weitergebildet. Zudem würde sie beim nächsten Mal gleich in einen schnelleren Internetanschluss und einen Stehschreibtisch investieren.
Eine Personalleiterin kritisiert, dass für ihr Unternehmen während der Pandemie keine klaren Entscheidungen getroffen wurden, sondern dass man sich während Corona hat treiben lassen und Themen einfach so passierten, statt Informationen aus erster Hand zu erhalten und im Führungskreis Entscheidungen zusammen zu treffen. Hier wäre es gut gewesen, sich selbst klarer zu positionieren bzw. deutlich zu machen, dass man doch eine komplett andere Meinung hat und von der Führung mehr Orientierung einzufordern. Mit der Selbstkritik wurde bei diesem Punkt nicht gespart: „Das hätten wir viel besser machen können und da haben wir als Firma sicherlich viel verschenkt, auch gegenüber den Mitarbeitern.“
Grundsätzlich hätten im Nachhinein die Führungskräfte ihre Zeit (gerade im ersten Lockdown) besser nutzen wollen und sie selbst ärgern sich über nachlassende Disziplin.
Viele Unternehmen kritisieren zudem, dass ein Risikomanagement im Unternehmen praktisch gar nicht vorhanden ist und sie schlecht vorbereitet waren. Im Prinzip muss viel ganzheitlicher gedacht werden.
Neben dem Risikomanagement haben manche Unternehmen keine angemessene Nachfolgeplanung gehabt. Besonders in einer Situation mit großen Auswirkungen, kommt dies zum Tragen. Durch Corona fielen anfangs viele Menschen aus, da sie selbst betroffen waren bzw. als Kontaktpersonen in Quarantäne festsaßen. Deshalb wurden Nachfolgeplanungen auf mehreren Ebenen notwendig, bzw. auch alternative Nachfolgepläne, adaptiv für verschiedene Situationen, um sicherzustellen, dass die Führung effektiv bleibt.
Manche Teams haben in den ersten Monaten gefühlt rund um die Uhr gearbeitet und würden zukünftig zwar gern auf die Krise reagieren, allerdings nicht die eigene Achtsamkeit verlieren. Die Frage ist aber, ob dies realistisch ist, da es eben eine Krisensituation ist. Schließlich kann man sich auf eine solche Pandemie ja nicht vorbereiten. Man muss die Situation eben nehmen wie sie kommt, darf diese allerdings eben nicht verleugnen.
Grundsätzlich lässt sich der Kontakt, den man untereinander hat noch besser gestalten und da wo es hängt sollte frühzeitig auf engere Führung gesetzt werden. Zudem wird sich langfristig zeigen, dass es bestimmte Persönlichkeitstypen gibt, die sich dafür eignen über längere Zeiträume aus der Ferne zu arbeiten und bestimmte Persönlichkeiten, die ins Büro zurückkehren müssen.
Schwierig wurde es zudem für Führungskräfte, da sie während Corona ihr Wort (aufgrund der äußeren Umstände) nicht halten konnten. Beispielhaft sei hier die Hotellerie erwähnt, in der die Mitarbeiter monatlich seitens des Managements motiviert wurden mit Sätzen wie: „Kommenden Monat wird es wieder besser“. Dann folgte eine weitere Verlängerung des Lockdowns, die Betriebe blieben weiterhin geschlossen bzw. mussten erneut kurzfristig schließen und die Kurzarbeit verlängerte sich, sodass sich die Belegschaft zunehmend ´veräppelt´ fühlte. Anfang des Jahres 2021 hat die Hotellerie und Gastronomie alle zwei Wochen von Januar bis Mai neueröffnet.
Kritisch beschreibt ein Manager, dass er selbst im Homeoffice zu sehr abgelenkt ist und glaubt fest daran, metaphorisch immer „ein Gewässer“ zu überqueren bzw. „den Zug über die Brücke zu nehmen“. Wenn er von zu Hause arbeitet, gibt es immer etwas, dass er noch tun könnte. Somit ist er hier nicht produktiver oder hat gar mehr freie Zeit zur Verfügung, da es immer etwas gibt, was er im Haus noch tun könnte. Durch diese Zerrissenheit schenkt er keinem der beiden Bereiche (Home & Work) seine volle Aufmerksamkeit. Diese Meinung teilt eine weitere interviewte Führungskraft. Denn sie glaubt, das Homeoffice, wie es jetzt angewendet wird, wird so nicht funktionieren. Auch für sie muss ein Ortswechsel stattfinden und die Mitarbeiter sollten aus den oben genannten Gründen aus dem häuslichen Umfeld raus und vor allem an einem richtigen Arbeitsplatz und nicht unbedingt am Küchentisch oder Wohnzimmer sitzen. Dies muss nicht immer ein Schreibtisch in der Firma, sondern kann auch ein Platz in einem Co-Working Space, sein.
Abschließend zu diesem Absatz sei folgendes Zitat erwähnt:
„Manche Dinge müssen halt einfach wachsen und reifen mit der Zeit. Man muss halt auch seine Erfahrung machen. Man kann nicht alles von Vornherein wissen und richtig machen. Das gehört einfach dazu. Deshalb gibt es da gar nicht so viel, wo ich sage, das würde ich anders machen bzw. mich anders verhalten.“