Was beschäftigt Führungskräfte in besonderem Maße? Was sind Themen, die gerade wirklich unter den Nägeln brennen? Unsere befragten Führungskräfte in unserer Studie 2023 waren sich recht einig darüber, welche Themen das gerade sind. In diesem Artikel stellen wir Ihnen die Antworten vor.
In dritten Themenblock unserer Führungskräftestudie wird ein aktuelles Thema beleuchtet. Während die beiden ersten Fragenblöcke (aktuelle Herausforderungen & Themen; Weiterbildung) über die Auflagen der Studie gleichbleiben, finden sich hier wechselnde, themenbezogene Fragestellungen.
In der ersten Auflage der Studie handelte der dritte Themenblock vom Umgang mit der Pandemie und deren Auswirkungen.
Dieses Jahr liegt der Fokus auf dem Beitrag der Führungskräfte zur erfolgreichen Kundengewinnung und -bindung (KGB).
Hierbei wurden zunächst die größten Herausforderungen der Kundengewinnung und -bindung der Führungskräfte aufgegriffen. Spannend zu erfahren war, wie und wo die befragten Unternehmen ihre Neukunden gewinnen. Mit diesem Artikel blicken wir nun auf die Bedeutsamkeit der Rolle der Führungskraft, wenn es Kundengewinnung und -bindung geht.
Führungshaltung, Erwartungshaltung der Mitarbeitenden und Changemanagement
Jedes qualitativ hochwertige Experteninterview schließt mit einer offenen Frage nach sonstigen Themen, bzw. nach nicht gefragten Inhalten in diesem Kontext ab. Hierbei können die Interviewteilnehmer noch mal alles zu den Themen ergänzen, was wir mit dem Interviewleitfaden ihrer Meinung nach noch nicht abgebildet haben, bzw. ein abschließendes Resümee ziehen oder noch mal einen neuen Schwerpunkt setzen. Bei der Befragung in diesem Jahr hatten drei Interviewteilnehmer keine weiteren Ergänzungen. Der Großteil der Befragten nutzte diese abschließende Frage, um noch mal einen eigenen Fokus zu setzen bzw. zu betonen, was ihnen wirklich wichtig ist.
Hierbei kristallisierten sich aus den Antworten 3 inhaltliche Themenblöcke heraus: Führungshaltung, Erwartungshaltung der Mitarbeiter und Bewerber sowie das Thema Transformation und Changemanagement, eng verbunden mit der Kultur und der Kommunikation.
Führungshaltung
Letztendlich hat einfach alles unternehmerische Handeln mit Menschen zu tun. Es „menschelt“ in allen Projekten, bei denen wiederum personenabhängig ist, ob sie erfolgreich sind. Hierbei ist die Führungshaltung wichtig. Eine Führungskraft sollte sich ihrer Werte und ihrer Vision bewusst sein, sowie ihre Mitarbeiter darin einbinden. Zudem sollte die Führungskraft auf Optionen schauen und ihrem Team auf Augenhöhe und mit Wertschätzung begegnen. Eine Teamleiterin hat ein sehr weit gefasstes Führungsverständnis und findet, dass viele Manager gar kein Bewusstsein dafür haben, was es heißt Manager zu sein und wofür man Verantwortung trägt. „Es gibt manche Manager, da hört die Verantwortung schon vor den Mitarbeitern auf. Es gibt Manager, die übernehmen Verantwortung für ihre Mitarbeiter, ich kümmere mich um meine Mitarbeiter“. Für sie ist der Begriff Manager oder Führungskraft sehr breitgefächert, da sie nicht nur Einfluss auf die Person hat, mit der sie acht Stunden auf Arbeit verbringt, sondern auch für Menschen, die zu Hause sind. Dies wird in ihren Augen häufig vergessen. Manche Manager tun so, als würden ihre Mitarbeiter am offenen Herzen operieren und wenn wir das jetzt nicht sofort heute, jetzt in dieser Sekunde machen, dann stirbt dieser Mensch. Allerdings besteht diese Notwendigkeit in vielen Branchen nicht, sondern beruht auf den Forderungen der Führungskräfte. Diesen Stress nehmen die Mitarbeiter mit nach Hause und hat somit auch einen Einfluss auf die Menschen, die dort zu Hause sind. Was macht das mit den Kindern des Mitarbeiters? Dieser Verantwortung sollte man sich bewusst sein.
Ein Abteilungsleiter berichtet, dass er im Frühjahr einen neuen Mitarbeiter eingestellt und in den letzten vier Monaten aus demselben Unternehmen bereits acht Bewerbungen von ehemaligen Kollegen des neuen Teammitgliedes erhalten hat. Bei den Bewerbungsfragen ging es nicht um Geld, sondern ausschließlich um Führungsfragen. Dies hat ihm noch mal gezeigt, dass Mitarbeiter nicht wegen dem Unternehmen wechseln, sondern wegen der Führungskraft.
„Wir sind in so einer Selbstbestätigungswelle angekommen. Eine echte Reflektion findet ganz selten statt“. Menschen wollen sich nicht mehr strategisch aufstellen: „das kann ich, das will ich, das habe ich sauber durchdacht und bekomme das auch ordentlich hin“. Sie wollen sich nicht mehr committen. Denn das bedeutet auch klar zu sagen: „diese Option ziehe ich jetzt nicht mehr“ und viele Menschen möchten aus diesem Grund keine Entscheidung treffen.
Erwartungshaltung
Hier äußerten die Führungskräfte erneut ihren Frust bzgl. der einseitigen Erwartungshaltung der Bewerber und Arbeitgeber. Dieses Thema zieht sich in der aktuellen Befragung wie ein roter Faden. Eine Personalleiterin ärgert sich über falsche bzw. irreleitende Annahmen zum agilen Arbeiten, da oft nur die Freiheiten wie Selbstorganisation oder das selbstbestimmte Arbeiten gesehen werden. Auf der anderen Seite gehören hierzu aber auch Verantwortung zu übernehmen und selbst Entscheidungen zu treffen und zu diesen zu stehen. Dieser Teil werde gerne ausgeblendet. Einen möglichen Grund hierfür sieht ein Geschäftsführer in der Bequemlichkeitszone der Mitarbeiter.
Umso wichtiger wird es, die Spreu vom Weizen zu trennen und Top-Talente frühzeitig im Unternehmen zu identifizieren und an das Unternehmen zu binden. „Die Mitarbeiter sind der Schlüssel zum Erfolg. Und das Unternehmen wird am Ende des Tages nur so erfolgreich sein, wie es auch die besten Mitarbeiter an Bord sind“.
Hierfür benötigt es auch eine eigene und gut aufgestellte Personalabteilung. Ein Abteilungsleiter stellt seinem Unternehmen hierbei kein gutes Zeugnis aus, da dieses im HR-Bereich wenig innovativ ist und somit den Personalreferenten auch die Hände gebunden sind.
Changemanagement
„Im Moment beschäftigen sich nahezu alle Unternehmen mit Transformation. Alle wollen sich neu definieren. Das bedeutet viel Veränderung [..] und da passieren in vielen Unternehmen viele Fehler. Weil Mitarbeiter nicht abgeholt werden, kein Verständnis geschaffen wird. Es fehlt oft auch die Wertschätzung für die Mitarbeiter, also kleine banale Dinge, die aber extrem wichtig sind“.
Hierbei ist die Kommunikation als wichtiges Element und die oft unterschätzte Unternehmenskultur ganz wichtig.
Sehr deutlich schildert dies ein Bereichsleiter. Sein Unternehmen existiert seit über 90 Jahren. Nun gibt es dort Manager mit der Haltung „´Die Vergangenheit interessiert mich nicht mehr, wir schauen nach vorne.´ Das ist aber falsch! Ein Unternehmen, das über 90 Jahre existiert hat, hat eine gewisse Verwurzelung. Das ist wie ein Fundament bei einem Haus“. Darin liegen auch Stärken für das Unternehmen, sonst wäre es nicht da, wo es heute ist. In all den Jahren hat sich eine gewisse Kultur entwickelt. „Und auf diese Gegebenheit muss man dann aufbauen. [.]viele Manager heute nehmen sich halt dafür wenig Zeit. […] So ein Unternehmen kannst du nicht von heute auf morgen quasi komplett transformieren, das funktioniert nicht. Das ist ein Prozess über mehrere Jahre“.